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Digitales Doppel

Der „digitale Zwilling“ gehört zu den Schlüsselinnovationen für die Supply Chains von morgen. Auf welchen Kerntechnologien basiert ein Digital Twin? Und was bedeutet dieser für den Logistikalltag in Transport und Umschlag? Die Antworten sind vielversprechend.

Im Rahmen der Serie „Aus dem Zukunftslabor“ werden Ergebnisse aus dem Bereich Corporate Research & Development präsentiert, die in enger Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Fachbereichen und Niederlassungen sowie dem DACHSER Enterprise Lab am Fraunhofer IML und weiteren Forschungs- und Technologiepartnern entstanden sind.
Im Rahmen der Serie „Aus dem Zukunftslabor“ werden Ergebnisse aus dem Bereich Corporate Research & Development präsentiert, die in enger Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Fachbereichen und Niederlassungen sowie dem DACHSER Enterprise Lab am Fraunhofer IML und weiteren Forschungs- und Technologiepartnern entstanden sind.

Digitale Zwillinge sind das virtuelle Abbild einer physischen Wirklichkeit. Die Daten für einen „Digital Twin“ werden dabei automatisch und im Idealfall in Echtzeit erhoben und visualisiert. Realität und virtuelles Abbild stehen dabei permanent in Verbindung, im besten Falle in Interaktion. Dargestellt werden können auf diese Weise einzelne Objekte wie Maschinen, Fahrzeuge oder Gebäude, aber ebenso komplette Prozesse beispielsweise in Produktionslinien, Lagern oder auch interkontinentalen Transportnetzwerken. In der Logistik erfassen und zeigen digitale Zwillinge vor allem die aktuelle räumliche Position sowie den Zustand von Objekten in einem definierten Betrachtungsraum.

Möglich geworden ist die Schaffung digitaler Abbilder der Wirklichkeit aufgrund der Verfügbarkeit von immer leistungsfähigerer und kostengünstigerer elektronischer Sensorik. Kleine und energiesparsam arbeitende, elektronische Mikrosensoren erfassen Temperatur, Beschleunigung, Lichteinfall und weitere Zustände automatisch in Echtzeit. Durch verschiedene auf Funksignalen basierten Ortungsmethoden kann auch die Position von Objekten ermittelt werden, sei es durch private lokale Sender in Gebäuden und Betriebshöfen, oder im öffentlichen Raum durch Mobilfunknetzmasten und Satellitensignale. Die Zahl der verfügbaren funkbasierten Technologien hat in den vergangenen Jahren stetig zugenommen. Bekannteste und viel genutzte Vertreter dieser Entwicklung sind Technologien wie RFID, Bluetooth Low Energy (BLE), WLAN, 4G/5G oder GPS.

Als weitere wichtige Basistechnologie für digitale Zwillinge haben sich in den vergangenen Jahren optische Systeme etabliert, die Bild- und Videoaufnahmen mit auf maschinellem Lernen basierender Software verbinden. Auf Basis der Bilddaten können einzelne Objekte identifiziert und mittels weiterer Logiken die Position im Raum, die Größe und auch die Beschaffenheit von Objekten berechnet werden. Wo es für Kameras in der Umgebungserfassung schwierig bis unmöglich wird, kommen zum Beispiel zweidimensionale Codes wie der QR-Code oder der Datamatrix-Code (DMC) zum Einsatz. Die zur Analyse der Bild- und Videodaten erzeugten großen Datenmengen und die notwendige Verarbeitungsgeschwindigkeit übernehmen in der Regel leistungsfähige Grafikkarten-Chips. Immer häufiger erfolgt die Verarbeitung der Daten direkt an der optischen Scaneinheit oder auf einem Server vor Ort (Edge Computing). So müssen nur wenige Daten in die Cloud oder an den Server übertragen werden.

Störungen und Fehler werden sichtbar

Der erste Nutzen eines digitalen Zwillings liegt in der zur Verfügung stehenden Echtzeit-Visualisierung der Zustände von Objekten und Prozessen. Mittels dieser Transparenz können zum Beispiel Störungen sofort sichtbar und damit schneller behebbar gemacht werden. Die Faktoren Zeit und Qualität in Supply Chains werden so positiv beeinflusst. Der Wartungspunkt einer defekten Maschine oder Störungspunkte eines Prozesses können so in Sekundenschnelle identifiziert und zeitnah behoben werden. Manuelle Prozesse zur Datenerfassung und Datenanalyse entfallen bei einem digitalen Zwilling.

Digitale Zwillinge sind das virtuelle Abbild einer physischen Wirklichkeit.

Einen Schritt weiter geht die Nutzung des digitalen Zwillings, wenn mittels Prescriptive Analytics automatisch Vorschläge für die Vermeidung von ungewünschten Zuständen angezeigt oder sogar automatisiert Entscheidungen getroffen werden, um solche Ereignisse zu vermeiden. Durch Prescriptive Analytics werden also die Echtzeit-Daten des digitalen Zwillings für eine Simulation und Bewertung zukünftiger Zustände und Ereignisse genutzt. Kombiniert mit „historischen“ Daten und intelligenten Algorithmen kann dies in der Transportlogistik zum Beispiel für die Unterstützung der Fahrzeugdisposition genutzt werden.

Ein digitaler Zwilling bietet auch die Möglichkeit, Objekte „remote“ durch Menschen zu bedienen. Also zum Beispiel Fahrzeuge durch Operator auf große Entfernungen in komplexen Umgebungen fernzusteuern. Mittels einer virtuell erzeugten 3D-Umwelt auf Basis der Daten des digitalen Zwillings kann der Mensch die entfernte Umgebung optimal wahrnehmen und zum Bei-spiel einen Lkw auf einem Betriebsgelände steuern. In der Logistik kann dies zum Beispiel als Fallback-Lösung beim Einsatz autonomer Fahrzeuge genutzt werden. Neben Remote-Zugriffen erlaubt die gleiche Technik auch das Training sowohl von Menschen als auch von KI-Algorithmen. Insbesondere Extremsituationen können so mit geringem Aufwand und ohne Risiko für den Menschen „erlernt“ werden.

Logistische Prozesse 1:1 in den digitalen Raum übertragen.
Logistische Prozesse 1:1 in den digitalen Raum übertragen.

Digital Twins bei DACHSER

DACHSER hat in den vergangenen Jahren zwei übergreifende digitale Zwillinge entwickelt und umgesetzt. Um die Abläufe im europäischen Lkw-Transport-Netzwerk sichtbar zu machen, wurde eine spezielle Telematik-Plattform entwickelt, die insbesondere Position und Ankunftszeit von über 10.000 Wechselbrücken und Trailern in nahezu Echtzeit sichtbar und damit besser planbar macht. Als Basistechnologie kommen speziell entwickelte Solar-Funkmodule mit 5G/LPWAN-Datenfunk und GPS-Ortung zum Einsatz. Ein weiterer digitaler Zwilling ist mit @ILO (Advanced Indoor Localization and Operations) für das DACHSER Umschlaglager entstanden. Sendungen und Flurförderzeuge können in ersten Pilotanlagen in Echtzeit automatisch identifiziert, lokalisiert und vermessen werden. Relevante Daten werden den Mitarbeitenden im U-Lager durch Displays und Monitore zur Verfügung gestellt. Als Basistechnologie werden hier optische Scaneinheiten in Verbindung mit Datamatrix-Codes verwendet.

Digitale Zwillinge bieten der Logistik eine wichtige neue Datengrundlage für die künftige Steuerung, Optimierung und Qualitätssicherung von logistischen Prozessen.

Autor: Andre Kranke, Head of Corporate Research & Development bei DACHSER.

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